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River-Trekking in der Neda Schlucht

Von Lansoi

2008 hat sich das überteuerte Eintrittsgeld für die ITB Berlin, die größte mir bekannte Werbeveranstaltungen, bei der der Endverbraucher für die Bereitstellung von Werbeprospekten selbst aufkommen muss, für mich doch mal rentiert. Über einen Reiseveranstalter, der sich als Alternativ-Tourismus charakterisiert, wurden mir Aktivitäten und Örtlichkeiten in Griechenland aufgezeigt, die ich bis dahin nicht kannte.

Als alter Pfadfinder halte ich natürlich nicht viel von der zerstörerischen Kraft des Tourismus, erst recht nicht vom bezahlten Abenteuer und „Alternativ-Tourismus“. Am Ende sind immer viele Menschen da, wo sie nicht hingehören und noch nie waren. Immer wahrnehmbar durch die penetranten Begleiterscheinungen Müll, Urin und Kot. Ach ja, ich vergaß noch zu erwähnen, dass ja auch jeder Abenteurer erstmal einen Wander- oder Buschstock benötigt, um zünftig durch die Wildnis zu wüten und instinktiv für ihm folgende Großstadt-Trapper Schneisen zu hauen. Hierzu bedient sich Indiana Jones am nächstgelegenen Baum, schließlich ist man ja ein Naturbursche und weiß sich zu helfen. Insider wissen zu berichten, dass durch starke Fluktuation schon ganze Landstriche holzlos geworden sind.

Also nahm ich mein neues Projekt selbst in Angriff: Da es im Internet nur Reiseberichte und Quellen in nicht deutscher Sprache gibt, werde ich mal etwas weiter ausholen und es als Herausforderung betrachten, den ersten deutschen Kommentar zu verfassen.

Die Erforschung des Neda Tals / Peloponnes

Alle griechischen und englischen Reiseberichte schwärmen von der paradiesischen Neda. Hier scheint man der Entstehungsgeschichte der Erde ganz nahe. So sieht es zumindest die griechischen Mythologie, welche zu berichten weiß, dass die Nymphe Neda den jungen Zeus auf Bitten seiner Mutter zuerst vom Berg Lykaion holte und ihn dann an der Neda vor seinem kinderfressenden Vater Chronos versteckte und ihn aufzog. Generell spielt sich ein Großteil der Mythologie im geografischen Umfeld der Neda ab. Athene entsprang aus Zeus seinen Kopf in Alipheira und auch Herakles erlebte seine Abenteuer im Wald von Foloi bei Olympia.

Die Neda entspringt aus den Quellen des Mt. Lykaion in der Nähe des Dorfes Petra und trennt in ihrem Verlauf die heutigen Präfekturen Elia und Messenien. Nach 32 km fließt sie dann bei Elaia über den Golf von Kiparissia in das Ionische Meer. Im 7. Jh. v. Chr. erschuf Figalos, Sohn des Lykaios, ein mächtiges Königreich. Schon der reisende Pausanias ging im 2. Jh. n. Chr. Davon aus, dass dieses dem Umstand zu verdanken war, dass die Neda in der Antike bis in Höhe der Höhle bei Stomio schiffbar war. Hierdurch konnte sich die Polis Figalia zu einer reichen und wichtigen Handelsmacht in Arkadien entwickeln. Die bis zu 70000 Einwohner wurden durch einen 4 km langen befestigten Wall geschützt und konnten sich somit getrost ihrem, in der Antike weltbekannten Qualitätswein, hingeben. Was übrig blieb wurde verkauft. Wobei hierbei anzumerken ist, dass nicht viel übrig blieb, jedoch Angebot und Nachfrage schon damals den Preis bestimmten und den Einwohnern Reichtum bescherten.

An der Seite Messeniens kämpften die arkadischen Truppen Figalias im 8.-5. Jh. v. Chr. erfolgreich gegen die Großmacht Sparta. Bis zum 2. Messenischen Krieg, wo die Spartiaten dann in Figalia, der Legende nach mit der nachrichtendienstlichen Romeo-Taktik, einmarschiert sind. Durch den arkadischen Bund und die alliierte Kraft der Oresthasia gelang es aber Sparta zurück in das Taigetosgebirge zu drängen. Später rückten die Aetoler vor bis an die Grenzen Figalias. Unter Inanspruchnahme der makedonischen Hilfe Phillip V, Vater von Alexander dem Großen, gelang es den Figaliern bis zum Anblick des ersten Kreuzritters in Frieden zu leben.

Aus den letzten Jh. ist der Geschichte nicht mehr viel zu entnehmen. Figalia wurde durch diverse Erdbeben zerstört. Auf den Trümmern der früheren Großmacht entstanden aus herumliegenden Baumaterialien wie alten Marmorquadern und anderen antiken Gegenständen neue Hütten für die Landbevölkerung. Seit Beginn der Ausgrabungen in den 90er Jahren des 20. Jh. ist den Archäologen erst bewusst, welche Schätze noch unter dem neuen Dorf Achaia Phigalia begraben sind. Betrachtet man Mythologie und Historie, so kann man zu dem Schluss gelangen, dass man hier im Tal der Neda die Fundamente der griechischen Genesis und dem Anfang der europäischen Zivilisation zu suchen hat.

Planung und Anfahrt

Nun gut, machen wir uns auf, dieses paradiesische Areal zu erkunden. Laut Reisebeschreibungen benötigt man dafür auf jeden Fall eine verlässliche Begleitung, leichte Kleidung, leichte Schuhe und Verpflegung. Begleitung konnte ich nicht finden und in ein unbekanntes Areal mit Turnschuhen und Badehose zu hüpfen hielt ich glücklicherweise auf Grund alpiner Erfahrungen für gewagt. Also packte ich meinen wasserdichten Rucksack mit allem, was man für eine Wanderung und eine Flussdurchquerung in Längsrichtung benötigt. Ein paar vernünftige Wanderschuhe, die einen Wasserauslass haben, und ein Wet-Suit durften hierbei auf keinen Fall fehlen. Weiterhin gilt es zu beachten, das die Neda ausschließlich in den Sommermonaten auf Grund der geringeren Wassermenge begehbar ist.

Am Samstag, dem 16.08.2008, um 08.20 Uhr, fuhr ich also los. Von Pyrgos aus über die Schnellstraße via Zaharo benötigte ich rund 50 Minuten zur Nedamündung. Da ich den geplanten Ausstieg am Südufer der Neda 6km von der Mündung entfernt in Karies vorsah, bog ich sogleich am Ortseingang von Elaia nach Osten Richtung Karies ab. Von Karies aus wollte ich dann per Bus, Anhalter oder Taxi nach Kouvelas verlegen um dort an der Brücke bei Mavromati in die Neda einzusteigen. Bereits nach 2km Fahrt viel mir auf, dass das breite Flussbett der Neda nicht wirklich sehenswert ist, weiter stellte ich mir die Frage, ob auf dieser Straße überhaupt ein Bus fahren kann. Mit 3m breite schlängelt sich die Straße durch Olivenplantagen und über enge Kurven nach Karies. Irgendjemand sagte mir mal, dass man von einem einmal gefassten Entschluss nicht ohne zwingenden Grund zurücktritt. Ob es die übermittelte Weisheit oder mein Dickkopf war der mich nicht umkehren ließ, ich weiß es nicht. Also schaltete ich einen Gang runter und schoss mit meinem Chevrolet Matiz 1.0 die Straße hinauf. In Karies stellte ich dann fest, dass hier weder ein Bus noch ein Taxi meinen Weg kreuzen wird. Den ganzen Tag darauf zu hoffen, dass ein Auto mich auf dieser Straße passieren wird und mich dann sogar noch mitnimmt, unrealistisch. Also weiter. Bloß nicht umkehren, 09.30 Uhr, ich darf keine Zeit verlieren. Die Straße wurde nun zwar wesentlich breiter, doch gab es keinen Fahrbahnbelag. Auf dem Kiesbett stieß ich in den Serpentinen schnell an die Grenzen der Geländefähigkeiten meines rollenden Schuhkartons und schon bald stellte ich fest, was die kyrillischen Schriftzeichen unter dem Wegweiser nach Panorama zu bedeuten haben: Straße gesperrt / Baustelle.

Egal, noch ist die Straße breit und eben. Zu meinem Erstaunen ging die Straße bei Panorama weiter hinauf ins Gebirge. Wie schön, dass ich mich nicht hab einschüchtern lassen. Weiter geht es nach Pteri. Aha, schon wieder der Hinweis auf eine Baustelle. Kenn ich schon. Nach ca. 2km sah ich dann stehende Baumaschinen und aus der breiten ebenen Straße wurde ein felsiger schmaler Feldweg. Was ist das? Auf meiner Straßenkarte von 1980 ist diese Straße eingezeichnet. Das kann nicht sein, das wird schon weitergehen. Außerdem, was habe ich für eine Alternative? Umdrehen, 16km Schotterpiste bergab zurück zur Schnellstraße, dann Richtung Norden und 26km über eine Gebirgsstraße via Nea Phigalia nach Phigalia? Das würde knapp 50 Minuten dauern. Nein, irgendwie muss es weiter gehen.

Na ja, zumindest die nächsten 50 m. Danach setzte dann der Unterboden auf diversen scharfkantigen weggesprengten Felsfragmenten auf. Das Geräusch drang durch den Boden bis in mein Knie. Leihwagen hin, Leihwagen her, wenn jetzt eine Leitung beschädigt wird komm ich hier nicht mehr weg. Vorsichtig fuhr ich weiter. Und wieder ein erschütterndes Ächzten unter meinem Hacken. Das Klang jetzt noch gewaltiger als vorher. Die Straße wurde bis zur nächsten Kehre noch holpriger und so beschloss ich, hier einen zwingenden Grund des Umkehrens zu erkennen. 09.40 Uhr, ab nach Archaia Phigalia. Dort würde ich dass Auto stehen lassen und die Neda bei den Stomio Wasserfällen verlassen und zu Fuß zurücklaufen.

Zur Sache:

10.40 Uhr, Achaia Phigalia, östliche Stadtgrenze, antike Wasserstelle: Endlich kann es losgehen. Inmitten einer Schafherde folge ich den gelben Pfeilen hinunter zu dem Asproneri (White Water) Wasserfall. Hierbei durchquere ich deren Quelle und halte mich am Pumpenhaus rechts um kurz darauf wieder den Ort Phigalia zu betreten und dann einen kleinen Weg nach links, immer bergab, zu benutzen. Schon jetzt bin ich froh den Ratschlag über leichtes Schuhwerk ignoriert zu haben. Immer wieder laufe ich über spitze Steine. Nach dem passieren einer quer zum Hang verlaufenen Asphaltstraße kommt ein Hinweisschild mit der Aufschrift Asproneri. Also gut, weiter geht`s bergab. Durch das starke Gefälle habe ich einen zügigen Schritt, vor dem sich auch der mir den weg blockierende Esel wundert und sich sogleich auf seine Wiese zurückzieht. Immer steiler geht es den Berg hinunter ins Tal. Der Schotterweg ist von tiefen, ausgetrockneten, harten Regenwasserfurchen durchzogen. Ich kann nur wiederholen, über mein festes Schuhwerk froh zu sein. Wenig später gabelt sich der Weg an einem Holzgeländer. Links geht es zu der ersten Stufe des Asproneri. Ist schön anzusehen, man befindet sich jedoch in einer Sackgasse. Also rechts herum und immer weiter Berg ab. Das Holzgeländer führt mich über Stufen hinunter zur 2. Stufe des Wasserfalls. Hier plätschert das Asproneri in einen kleinen Urwald hinein, sammelt sich in einem kleinen Becken und fließt noch ein paar Meter bis an das Ufer der Neda.

Um 11.05 Uhr stehe ich nach 25 Minuten am felsigen Ufer der Neda und mache mich flussabwärts auf den Weg. Um möglichst trocken zu bleiben versuche ich die Felsen und das Ufer zu nutzen. Bereits 50m nach der Einstiegsstelle treffe ich auf die erste tiefere Stelle, so dass meine hochgekrempelte Hose nicht mehr trocken bleiben wird. Die Ufer sind nicht mehr begehbar und schnell wird mir klar, dass ich Neda eh nicht trocken durchqueren kann und bei anderer Bewegungstaktik zeitlich effizienter agieren kann. Also suche ich mir einen breiten Felsen und entledige mich meiner trockenen Sachen in meinen wasserdichten Rucksack und schlüpfe in meinen Wet-Suite. Nun kann mich nichts mehr aufhalten. Die Scheu vor dem kalten Wasser ist schnell überwunden und so hüpfe ich in die Neda und schreite über ihren Grund. Die Ufer sind von dichter Vegetation gesäumt und ich beobachte Schmetterlinge in knallgelber Farbe.

Schnell wate ich durchs knietiefe Wasser und bin froh, das dicht bewachsene Ufer nicht zu beschädigen. Die Bäume am Ufer werfen große Schatten und schützen vor der einsetzenden Mittagshitze. Es ist schwer eine Linie zu finden und so laufe kreuze ich das Wasser und beschleunige meinen Weg am steinigen Ufer. Immer wieder halte ich an um Fotos zu machen. Da ich schnell festgestellt habe, dass trotz fester Schuhe der Grund der Neda meine Sprunggelenke strapaziert dehne ich diese vorsorglich durch. Nach ca. 35 Minuten erreiche ich die erste Stelle, an der ich Felsen überklettern muss und letztendlich nicht über das erste Vollbad herumkomme.

Abseits der Hauptströmung lass ich mich in eines der noch vielen folgenden türkisfarbenen Wasserbecken gleiten. Das Wasser ist erfrischen kühl und klar. Das Schwimmen ist durch die Strömung viel leichter. Tückisch sind nur die Untiefen und Felsen im Wasser, die ich jedes Mal an meinen unbedeckten Knien und Schienbeinen vorbeischaben spüre. Das Wasser wir nun wieder flacher und ich kann weiter laufen. Meine Befürchtungen hier auf Schlangen zu treffen bewahrheiteten sich zum Glück nicht. Hier gibt es lediglich Flusskrebse, von denen sich jedoch keiner an mich herangetraut hat.
1:05 Stunden nach dem Einstieg erreiche ich die erste Schlucht. Die seitlichen Klippen ragen hoch empor und laufen oben zusammen. Die Wände sind mit Pflanzen bewachsen und ich habe Schwierigkeiten meinen Blick von den Felsen wieder auf den Weg zu lenken.

Die Wassertiefe variiert zwischen knie- und Brusttief und immer wieder bleibe ich mit meinen Fußspitzen in Felsspalten hängen oder rutsche mit den Sohlen von den nassen Steinen ab. Durch das häufige zu Bodengehen sind meine Knie schon Wund und aufgeschabt. Die Schlucht zieht sich so über fünf Minuten entlang bis sie noch enger wird. Der schmale Durchgang, den sich die Neda durch den imposanten Felsen geschaffen hat ist tief und ich stelle mich darauf ein, dass ich außer den seitlichen Felswänden keine Griffmöglichkeiten habe. Also, wieder schwimmen. Ich hüpfe ins Wasser und navigiere mich durch die Strömung. Wet-Suit und Rucksack verleihen mir zusätzlich auftrieb, so dass ich keine Schwierigkeiten habe. So gleite ich 50-100m durchs Wasser. An meinem Knie verspüre ich kurze Zeit Später wieder harten, felsigen Grund. Also wieder aufstehen und laufen.

Die Neda wird etwas breiter und flacher. Die Ufer werden immer noch durch Felswände bestimmt, die jedoch zunehmend begehbarer werden. Das denkt sich auch ein Paar, welches mir entgegen kommt und penibel darauf achtet nicht nass zu werden. Mit Turnschuhen, kurzen Hosen und Rucksack, zu meinem Erstaunen zu trocken um die Neda flussabwärts begangen zu haben, klettern die Beiden Hand in Hand einen Felsen hinauf. Im Vorbeigehen frage ich noch, was es da oben auf dem Felsen zu sehen gäbe, und ob ich die an dem Mann hängende Dame von unten am Schuh nach oben drücken soll. Und ich hatte Recht, Grund der körperlichen Ertüchtigung war tatsächlich der Ekel vorm Wasser.

Da ich nach knapp 1:35 Stunden eh eine Versorgungspause machen wollte, suche ich mir einen verdeckten Beobachtungsposten um mich unterhalten zu lassen. Das Pärchen stellt schnell fest, dass es auf dem 3m hohen erklommenen Felsen nicht weiterkommt und unternimmt nun jede notwendige Anstrengung um wieder herunterzuklettern. Wie auf Stelzen versucht es durch das an dieser Stelle nur 20-40 cm hohe Wasser zu gehen, indem Mann und Frau, sich gegenseitig stützend, von Stein zu Stein springen. Nach einigen Minuten habe ich genug gesehen und male mir aus, dass beide spätestens nach weiteren 200-300m stromaufwärts an der Schlucht umkehren werden. Wobei den beiden auch zuzutrauen gewesen wäre, dass sie in ihrem Rucksack ein Schlauchboot oder eine Badeinsel mit sich führen. Mir immer noch unverständlich ist die Bewegungsrichtung der beiden. Woher kamen die und vor allem, wo wollen die hin?

Noch einen Schluck aus der Flasche und dann geht es weiter. Da ich mich in dem Flussbett der Neda mit völlig unterschiedlichen Geschwindigkeiten bewege, ist es sehr schwer Entfernungen zu schätzen. Markante Geländepunkte sieht man auch nicht. Insofern habe ich wirklich keine Ahnung wo ich gerade bin. Würde ich es wissen, dann wäre mir auch die Erscheinung des Pärchens plausibel geworden, und vermutlich hätte ich dann auch den Ort meiner Pause variiert.

Ich tapse durch die nun immer flacher und breiter werdende Neda. Die Ufer sind ausladender und begehbar. Es scheint sogar einen Trampelfahrt zu geben und hinter der nächsten Biegung nehme ich menschliche Stimmen wahr. Als ich durch das Wasser um die Biegung streife erschrecken zwei Frauen mittleren Alters und bedecken sich schnell ihre entblößten Brüste. Höfflich wegschauend passiere ich die beiden durch ein brusthohes Wasserbecken und sehe hinter der nächsten Biegung eine alte steinerne Bogenbrücke. Da habe ich meinen Geländepunkt. 10 Minuten nach dem seltsamen Pärchen erreiche ich die Brücke, welche schon seit hunderten von Jahren Figalia mit Platania bei den Wasserfällen von Stomio verbindet. Verwundert stelle ich fest dass ich die Zeit wohl nicht mehr alleine sein werde.

Neben der 10-15m hohen Brücke ist ein Parkplatz, von wo aus diverse Touristen in Zehenschlappen, Badehose und mitgebrachten Eiskaffees hinunter zum Ufer der Neda watscheln. Ich betrachte diese genau so verwundert, wie die mich. Ein Handtuch um den Hals gelegt, einen Ast am Ufer abgebrochen kann es losgehen. Eine Truppe von 8 italienischen 25-30 jährigen Abenteurern begibt sich auf Safari und stakst durchs Wasser. Ich nutze die Zeit um einen Blick auf die Karte zu werfen. Der Parkplatz ist sowohl über das Nord- als auch über das Südufer von Achaia Phigalia bzw. Platania anzufahren. Bis zum Tunnel und den Stomiofällen ist es nicht mehr weit. Am Parkplatz ist auch noch ein Rastplatz in Uferlage angebunden. Hier wird gecampt und die deutlich eh überfüllten Mülleimer werden durch mit Autos anreisende Touristen und deren mitgebrachten Konsumgüterverpackungen weiter überfüllt. Bei den Spritpreisen muss man auch auf jedes Gramm Zuladung achten und überflüssigen Müll schnellstmöglich entsorgen. Die vielen Autos auf dem Parkplatz können mich nicht abschrecken. Den Fluss hinabschauend stelle ich fest, dass da nur die Italiener vor mir sind. Also auf geht es. Das Gelände wird wieder durch größere Steine, Felsen und tiefere Wasserbecken gezeichnet. Nach ca. 20 Minuten erreiche ich den Eingang zur Höhle an den Stomio Wasserfällen. Am nördlichen Ufer ergießt sich, ähnlicher einer Regendusche mit weichen, kalten, großen Tropfen, aus einer Höhe von 8-10 m der untere Ausläufer der Stomio Wasserfälle. Daneben gelangt man über eine Seilsicherung den Felsen hinauf zu dem eigentlichen Wasserfall.

Doch zuerst widme ich mich dem Highlight meiner Reise. Langsam betrete ich über die trichterförmige Öffnung die dunkle Höhle. Das Wasser ist zunächst brusttief, wird aber kurz darauf an einer Steinbank flacher. Über mir plätschert aus einer nicht einschätzbaren Höhe kaltes Wasser in schweren Tropfen auf meinen Kopf. Nun geht es abwärts. Stehen ist nicht mehr mögliche und ich befinde mich in einem dunklen schwarzen Loch. Unter mir bodenloses schwarzes Wasser und über mir Felswände von denen Fledermäuse immer wieder auf die Wasseroberfläche stürzen um Wasserläufer zu fangen. Ich spüle meinen Hut noch mal aus, um sicher zu gehen, dass da kein Insekt drauf sitz und ziehe ihn tiefer ins Gesicht. Auf geht es, ich schwimme mit der starken Strömung durch die Höhle. Nach ein paar Metern sehe ich schon helles Licht durch den Tunnelausgang strömen. Dort angekommen schwimme ich sofort an das nördliche Ufer und überprüfe die Wasserdichtigkeit meines Rucksacks. Bei der Gelegenheit mache ich gleich ein paar Fotos.

Kaum vorzustellen, dass hier einmal Schiffe geankert und ihre Ladung gelöscht haben sollen. Mit einer Breite von knapp 6-7m ist es hier wirklich eng. Ich versuche mir vorzustellen, wie es hier wohl vor 2500 Jahren ausgesehen haben mag. Der Tunnel ist auch nur in den Sommermonaten nutzbar. Also muss der Warentransport über den Berg der Höhle erfolgt sein. Vermutlich war der Wasserstand der Neda damals generell höher, was nach den aufragenden Felswänden zu urteilen eine Verbreiterung um 2-4m zur Folge gehabt hätte und einen Hafen vorstellbar machen würde der über den Berg und den Stomiofällen mit der alten Straße nach Figalia verbunden gewesen wäre. Dies würde auch die enorme Höhe der Brücke stromaufwärts erklären. Die Idee der schiffbaren Neda und der Hafen beruhen auf Ausgrabungen und Funde im Flussbett. Hier wurden Anker und Takelagen entdeckt.

Im Anschluss belasse ich den Rucksack am Ufer und begebe mich zur Erkundschaftung folgender Ausflüge noch ein paar hundert Meter flussabwärts. Hier ragen die Uferwände zu 5-8m Höhe auf und der Fluss wird etwas breiter und weniger felsig.

Um 13.50 Uhr mache ich mich dann wieder auf, den Tunnel zu durchqueren. Mit dem Rucksack auf mir drauf muss ich mich deutlich anstrengen um gegen die Strömung flussaufwärts zu schwimmen. Ich stelle mir vor, wie ich ein leichtes Ziel für die immer tiefer über mir kreisenden Fledermäuse darstelle. Ich bilde mir ein, sogar schon knatternde Geräusche der fliegenden Blutsauger wahrzunehmen. Als ich an die Steinbank gelange beschleunige ich schnellen Schrittes zu fuß und verlasse die Höhle. Vor der Höhle stehen eine Vielzahl der Zehenlatschen-Touristen und betrachten meine suspekte erschöpfte Gestalt, unschlüssig ob sie den schwarzen Spalt betreten sollen oder nicht. Ich gehe an ihnen vorbei und klettere an der Felswand östlich des Wasserfalles empor. Ohne die angebrachte Seilsicherung würde mich der glatte Felsen zurück in die Neda werfen. Ich krakzel weiter über eine Felsenstufe hinauf zu einem kleineren Wasserfall. Hier führen eine Holzbrücke und ein Wanderweg in 10 min. zum vorher beschriebenen Parkplatz. Bergauf weisen die Schilder die Richtung zu einer Kapelle und dem Stomiowasserfall. Nach einem Abstecher zur Kapelle begebe ich mich zum Stomiowasserfall. Die vorher erfahrene Idylle lässt bereits auf den wenigen Metern dorthin stark nach. Enttäuscht nehme ich Gerüche wahr, die eher an einen abendlichen Spaziergang im Berliner Tiergarten nach der Loveparade erinnern. Um es auszusprechen, es riecht nach Kot und Urin. Zeugnis der Entleerung von zivilisierten Säugetieren geben auch die am Wegesrand aufgetürmten Papiertaschentücher. Und so verkommt das eigentliche paradiesische Fleckchen Erde zu einer Farce.

Ein breiter kräftiger Wasserfall ergießt sich aus einer Höhe von 10-15m in einer türkis-blauen, eiskalten Lagune. Ich suche mir zwischen den knapp 40 vor Ort befindlichen Besuchern ein einigermaßen sauberes Plätzchen, wo noch keine Taschentücher herumliegen und stelle meinen Rucksack ab um mich in der Lagune zu erfrischen. Auf Grund der Kälte ist dies hier der einzige Ort, wo man sich nicht gegenseitig auf die Füße tritt. Um eine rein bildliche Reflektion zu haben, welche vielleicht in ein paar Jahren, wenn ich den Olffaktor verdrängt habe, eine schöne Erinnerung hervorruft, mache ich bei einer günstigen Gelegenheit und freier Sicht ein Foto.

Genervt von den vielen Menschen verlasse ich die Lagune und laufe über einen Wanderweg in 10 Minuten zum Parkplatz an der Brücke. Das Szenario erinnert an einen Nationalpark amerikanischer Art. Ein Picknick Areal direkt am Fluss und ein Pfad mit Geländer zum Wasserfall, es fehlen nur die Ranger die hier den ganzen mitgebrachten Müll entsorgen. Lange hält es mich nicht an der Brücke aus türkischer Von dort laufe ich einen steilen und staubigen Serpentinenweg hinauf nach Fiaglia. Ohne das kalte Wasser und die schattige Schlucht wird mir die Hitze der ich ausgesetzt bin erst bewusst. Die Sonne knallt mir mit 41 Grad im Schatten auf den Kopf und ich ziehe mir meinen Sonnenhut über die schwitzige Stirn tiefer ins Gesicht. Es geht bergauf. Der Weg ist auf meiner Wanderkarte 1:75 000 nicht eingezeichnet und ich kann nur grob erahnen, dass ich die 545 Höhenmeter in 1 bis 1,5 km Schotterpiste bewältigen zu habe. Doch wenn ich erstmal oben bin, dann geht es 1,5 km seichter weiter bis Figalia. Ein Liter Wasser im Rucksack muss hierzu reichen und ich quäle mich weiter aufwärts. Von den vielen Felsen, die meine Schienbeine nicht geschafft haben bei Seite zu schieben, habe ich teilweise tiefe blutende Schürfwunden, die ich im Wasser gar nicht gespürt habe. Durch die Hitze, den Schweiß und den reibenden Baumwollstoff der Hose muss ich mir Mühe geben meine Gedanken nicht auf die brennenden Schmerzen zu konzentrieren.

Nach knapp 45 Minuten erreiche ich den Punkt, von wo aus die konstante Steigung des Wegs gebändigt zu sein scheint. Ich sehe schon die antike Befestigungsanlage Figalias, passiere den Tempel der Athene und erreiche nach 12 Minuten erschöpft, froh und zufrieden das kleine verschlafene Figalia. In der Taverne, es gibt hier nur / erst eine, begrüßt mich der Wirt, ein alter Mann mit langen grauen Haaren, in englischer Sprache. Ich setzte mich an einen Tisch im Schatten der vielen Platanen und hänge meine nassen Sachen zum Trocknen über die Stühle. Hierbei erkläre ich dem Wirt stolz in Griechisch woher ich komme und wie schön der Tag heute war. Lächelnd nickt er mir zu und ruft seiner Bedienung zu, sie solle mir eine große Flasche kaltes Wasser und ein Bier bringen. Das Schild am Eingang hat mir jedoch verraten, dass auch hier die niederländische Biermafia ein Getränkemonopol hat und es gelingt mir noch aus dem Bier einen Frappe auszuhandeln. Das nette idyllische Ambiente im Garten der Taverne ist der krönende Abschluss meines wunderschönen Tagesausflugs.

Beim nächsten mal muss ich nur dran denken noch ein Paar Schienbeinschützer einzupacken, die eine Wunde ist ganz schön tief.

Quellen:

Travelling in Elia; Edition of Prefectural Self-Government of Ilia; Ministry of Tourism Greek National Tourism Organisation

The Mountainous District of Olympia; Prefecture of Elia; Local Regional Government of Western Greece

Geschrieben 15.09.2008, Geändert 21.09.2008, 9201 x gelesen.

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Kommentare zu diesem Artikel

Kommentar von kokkinos vrachos vom 10.07.2015 11:03:50

Neda (Fluss): de.wikipedia.org/wiki/Neda_%28Fluss%29

vg, kv


Kommentar von K.W. vom 28.01.2009 11:22:54

Warum immer so dramatisieren? Kann man nur dann ein eigenes schönes Erlebnis genießen, wenn man andere abwertet?
Das Theater um die Zufahrt ist völlig überflüssig, man fährt entweder nach Archaia Figalia (Straße zum Bassä-Tempel) oder über Sidero Kastro nach Platania (Abzweig von der Straße Kiparissia/Kalamata). Zwischen beiden Orten gibt es eine Brücke und eine Verbindungsstraße, die sich seit Jahren nicht ganz entscheiden kann, ob das Bauen oder das Kaputtgehen schneller geht.
Bin die Neda-Route in verschiedenen Varianten schon mehrfach gegangen, es war immer großartig, aber Schienbeinschützer habe ich noch nie gebraucht. Und ein wet-suite (Was ist das?) scheint mir überflüssig, denn in der Regel trocknen nasse Kleider im Sommer ziemlich schnell.
Natürlich ist es am Schönsten, wenn man allein in einer so herrlichen Landschaft ist. Aber ich denke mir, dass ich ja auch einer von den vielen bin. Und der schöne Artikel wird jetzt sicher ganz viele Menschen animieren, die Tour auch zu machen. Deshalb hier auch keine Hinweise zu weiteren schönen Details. Vorschlag: Nicht genau in der Hauptreisezeit. Ich war immer wieder auch ganz alleine dort.
Was das Müllproblem betrifft: Ja, das ist ein großes Problem, überall in Griechenland. Die wildesten Auswüchse würde man vielleicht schon eindämmen, wenn man die Zufahrten per Auto sperrt. Eine bestimmte Sorte Mensch, die müllt, läuft auch nicht gerne.
K.W.


Kommentar von K.W. vom 28.01.2009 11:22:53

Warum immer so dramatisieren? Kann man nur dann ein eigenes schönes Erlebnis genießen, wenn man andere abwertet?
Das Theater um die Zufahrt ist völlig überflüssig, man fährt entweder nach Archaia Figalia (Straße zum Bassä-Tempel) oder über Sidero Kastro nach Platania (Abzweig von der Straße Kiparissia/Kalamata). Zwischen beiden Orten gibt es eine Brücke und eine Verbindungsstraße, die sich seit Jahren nicht ganz entscheiden kann, ob das Bauen oder das Kaputtgehen schneller geht.
Bin die Neda-Route in verschiedenen Varianten schon mehrfach gegangen, es war immer großartig, aber Schienbeinschützer habe ich noch nie gebraucht. Und ein wet-suite (Was ist das?) scheint mir überflüssig, denn in der Regel trocknen nasse Kleider im Sommer ziemlich schnell.
Natürlich ist es am Schönsten, wenn man allein in einer so herrlichen Landschaft ist. Aber ich denke mir, dass ich ja auch einer von den vielen bin. Und der schöne Artikel wird jetzt sicher ganz viele Menschen animieren, die Tour auch zu machen. Deshalb hier auch keine Hinweise zu weiteren schönen Details. Vorschlag: Nicht genau in der Hauptreisezeit. Ich war immer wieder auch ganz alleine dort.
Was das Müllproblem betrifft: Ja, das ist ein großes Problem, überall in Griechenland. Die wildesten Auswüchse würde man vielleicht schon eindämmen, wenn man die Zufahrten per Auto sperrt. Eine bestimmte Sorte Mensch, die müllt, läuft auch nicht gerne.
K.W.


Kommentar von Ralf vom 20.09.2008 09:01:47

Klasse Artikel! Sehr interessant, habe beim Lesen selber die Hosen hochgekrempelt... ;-)

Gruss,

Ralf