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Corona in Kalamata

Geschrieben am 19.03.2020 01:26:31

Von
zorbas
zorbas

2676 x gelesen
5 Antworten

Hallo,

ich bin nun seit knapp 2 Wochen wieder in Kalamata. Dem Virus entflohen, mit der Hoffnung friedlich an einsamen Plätzen am Meer bei Sonne und Wärme zu sitzen und den Regen in Deutschland dabei zu vergessen. Mit der Bahn zum Flughafen angereist, dann dort vom Bahnhof mit dem wie immer überfüllten SkyTrain zum Terminal. Ich dachte an den Virus und hatte ein ziemlich ungutes Gefühl. Der Flug von Düsseldorf nach Kalamata war wider Erwarten fast ausgebucht, es herrschte eine gelöste Stimmung bei vielen Fluggästen, deren Äußeres darauf schließen ließ, daß sie zum Golfen Richtung Pilos unterwegs sein würden. Viele schienen sich zu kennen. Bei ihnen waren keinerlei Ängste zu sehen, Neuankömmlinge am Gate wurden innig geherzt und mit Küßchen beglückt. Mein ungutes Gefühl teilten sie ganz offensichtlich nicht. Nur die Griechen sahen etwas bedröppelt aus. Einige trugen Atemschutzmasken, Gummihandschuhe. Und ich fummelte ständig an antibakteriellen Feuchttüchern, die ich vor dem Virus in Griechenland erworben hatte und die mich bei Reisen immer begleiten.

Ein guter Freund und Nachbar hatte mich vom Flughafen abgeholt. Er hatte sich auf meine Ankunft gefreut, verhielt sich mit körperlicher Nähe zu mir jedoch distanziert. Was ich angemessen fand, aber erstaunlicherweise auch verwunderte. Auf dem Weg zu mir gab es ungewöhnlich wenig Verkehr auf den Straßen. Einige der sonst ganzjährig geöffneten Tavernen und Bars hatten geschlossen. Und natürlich war auf diesem Weg das Virus das Thema. Und ich dachte dazu, daß es wohl das erste Mal ist, daß bei meiner Ankunft nicht darüber gesprochen wurde, was wir gemeinsam nun in der nächsten Zeit alles machen würden. Meine Ankunft hatte somit eine andere Qualität bekommen. Und mir schwante, daß noch mehr in dieser Hinsicht auf mich zukommen würde. Es begann damit, daß es dann schon nach sehr kurzer Zeit keine aktuellen deutschen Zeitungen mehr gab. Eine Katastrophe für ein Fossil wie mich.

Die weltweiten Hiobsboschaften überschlugen sich dann täglich. Und sind hinreichend durch die Medien bekannt. Das Leben in Kalamata schlief ein. Mittlerweile haben alle die Läden geschlossen, die nicht zur unmittelbaren Versorgung mit Lebensmitteln beitragen, natürlich geöffnet haben jedoch Apotheken, die Post, Banken. Neu in Griechenland angekommene Ausländer haben sich einer 14-tägigen Quarantäne zu unterziehen. Falls sie überhaupt ankommen. Bei einem von vielen ungeliebten und in Griechenland tätigen deutschem Discounter stehen nun Mitarbeiter von Security- Firmen mit Atemmasken vor der Tür, es darf nur immer begrenzte Anzahl von Käufern und nur mit Einkaufswagen eingelassen werden, deren Griffe nach jedem Besuch desinfiziert werden. Sehr höflich wird man darauf aufmerksam gemacht, daß ein Mindestabstand zu anderen Personen während des Einkaufs einzuhalten ist. Diese Anordnung wird tatsächlich von allen eingehalten. Ohne Murren, ohne böse Worte. Vielmehr mit Respekt und immer den Weg für andere freimachend. Die Poststelle an der Paralia darf nur von einer Person betreten werden, der Abstand zum Schalter wird durch ein zusätzliches Absperrband vergrößert. Es hat mich dabei sehr gewundert, mit welcher Gelassenheit und mit welchem Verantwortungsverhalten sich die Griechen zueinander verhalten. Und ich dachte dabei auch an die deutschen Golfer vom Hinflug und hatte die Phantasie, daß sie wohl die Annahme haben könnten, als wohlsituierte Deutsche unverletzlich zu sein und für sie Demut und Verantwortungsbewußtsein in ihrem Sprachschatz nicht vorhanden ist.

Dabei wird in ihrem derzeitigen Gastland bei Ausbreitung der Pandemie und dann im Ernstfall einer Infektion hier einiges auf die Griechen zukommen. Aus leidvoller Erfahrung weiß ich, wie trotz sehr guter griechischer Ärzte die Situation in den Krankenhäusern katastrophal ist und Angehörige für die Pflege und Versorgung mit Lebensmitteln von Patienten selbst zu sorgen haben. Es sei denn, man kann sich den Aufenthalt in einer Privatklinik leisten. Und Angehörige nun dürfen nur noch in Ausnahmefällen und in begrenzter Anzahl in den Krankenzimmern übernachten und können somit nicht mehr im Umfang wie zuvor zur Versorgung und Pflege beitragen. Wobei die Pflege in Kommunalen Krankenhäuser ja fast ausschließlich von den Angehörigen geleistet werden muß. Von den wirtschaftlichen Folgen für Griechenland mal ganz abgesehen, die ohne wie eine bei uns mögliche staatliche Hilfe erneut wohl viele Familien ins Elend stürzen wird. Wenn ich dann in den Medien höre und sehe, wie in Deutschland geistig Unbedarfte Corona- Abschiedspartys feiern, fern jeglichen Gefühls für Verantwortung und Verkennung jeglicher Realität, Warnhinweise und Verhaltensregeln mißachten, wird mir ganz schlecht. Und gleichzeitig wächst mein Respekt vor den Griechen und ihres von Verantwortung geprägten solidarischen Zusammenhalts.

Bleibt alle gesund,

Zorbas

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Thema Autor Datum
Corona in Kalamata zorbas 19.03.2020 01:26
Re: Corona in Kalamata roemo 19.03.2020 06:47
Re: Corona in Kalamata delphini 19.03.2020 09:16
Re: Corona in Kalamata delphini 19.03.2020 09:18
Re: Corona in Kalamata limni 19.03.2020 19:11
Re: Corona in Kalamata Jettetiger 19.03.2020 20:47

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