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Zacharo 2016 - ein Urlaub mit Körperbehinderung

Von Uwe

Nach zwei Jahren ohne Urlaub in Zacharo melde ich mich zurück. Es war eine krankheitsbedingte Zwangspause und keine Abkehr von unserem Lieblingsziel.
Ich hatte Ende Juli 2014 einen Schlaganfall erlitten, war 4 Wochen im Krankenhaus, danach 8 Wochen in stationärer Reha im Rollstuhl. Mitte Oktober 2014 war ich dann wieder zuhause und konnte mit meiner linksseitigen Lähmung mit Gehstock laufen. Bis Ende 2014 dann noch 10 Wochen ambulante Reha. Im Frühjahr 2015 habe ich auf einem Handicap-Fahrzeug (mit Automatik und Multifunktionsdrehknauf am Lenkrad zum einhändigen Lenken, Blinken, Hupen usw. ) Fahrstunden genommen und das ok zum Autofahren erhalten. Im Juli 2015 erhielt ich mein gleichartig ausgestattetes neues Auto und im Oktober 2015 begann ich nach einer Wiedereingliederung in Vollzeit an meinem alten Arbeitsplatz zu arbeiten. Die linksseitige Lähmung war unverändert vorhanden. Die Bedienung der Tastatur nur mit der rechten Hand ist zwar langsamer, aber ich konnte meine Arbeit aus denken, reden und tippen bewältigen und ich lief inzwischen ohne Gehstock.
Im Sommer 2015 waren wir bereits ein paar Tage an der Nordsee, um zu testen, wie ich auf Sand laufen kann. Das war natürlich keine Alternative zu Griechenland, aber eine kleine Abwechslung.
Im Schwimmbad haben wir im Solebecken getestet, wie ich mich mit 1 Arm und 1 Bein im Salzwasser über Wasser halten kann.
Und so bewegte uns die ganze Zeit die Frage nach dem Griechenlandurlaub. Soll es das jetzt gewesen sein?
Du kannst Autofahren, Du kannst einigermaßen laufen, Du arbeitest wieder, warum sollten wir es nicht noch einmal versuchen? Wir haben nach mehr als 20 Urlauben in Zacharo nicht mehr den Zwang, vieles neues erkunden zu müssen. Was geht, wird gemacht, was nicht geht, wird gelassen.
Mit dieser Einstellung habe ich im Januar die Fähre von Ancona nach Patras gebucht, um den Frühbucherrabatt zu nutzen. Und da wir auch noch den Seniorenrabatt Ü60 bekamen, gönnten wir uns für beide Strecken eine Luxuskabine. Vielleicht würde es ja unsere letzte Fährfahrt sein.
Die Autofahrt zur Fähre haben wir uns entspannter gestaltet. Für die 1.480 km nach Ancona hatten wir 3 statt früher 2 Etappen eingeplant.
Und so ging es dann am 28. August los. Mit Übernachtungen in Kiefersfelden und Mantova kamen wir ausgeruht in Ancona an. Bei der Einschiffung durfte meine Frau dank meines Behindertenausweises als Beifahrer mit in die Garage fahren und der Einweiser lies mich direkt neben dem Ausgang zum Fahrstuhl parken. Die Überfahrt verlief ruhig und reibungslos.
Es war ein Urlaub fast wie immer. Auf der Liege unterm Strohschirm am Strand, Ausflüge nach Katakolon ins Cafe Koursaros, um Kreuzfahrer zu beobachten oder ins Cafe Milos in Agrili, Honig kaufen im Taygetos-Gebirge mit Zwischenstopp in Kalamata und abends essen gehen.
Aber nur fast wie immer.
Mit Wincent Weiss formuliert (aus seinem Song 'Musik Sein'): Ganz vorne, wo das Salzwasser den Sand küsst, gab es ein Problem. Dort gibt es eine Stufe aus feinem Kies, in dem man bis weit über die Knöchel versinkt.
Ich hätte früher, als ich meiner Frau wegen dieses Hindernisses beim Verlassen des Meeres die Hand gereicht hatte, nie geglaubt, dass diese Kiesstufe einmal ein nahezu unüberwindbares Hindernis sein wird. Wenn man gesund ist, macht man sich darüber halt keine Gedanken. Und der Sand war im Meer teilweise so weich, dass man ebenfalls versunken ist.
Nachdem ein befreundetes Paar angekommen war, hatten wir dann Hilfe beim verlassen das Meeres. So waren wir insgesamt wesentlich seltener im Meer als früher. Das war schon frustrierend, aber wie gesagt, was nicht geht, wird gelassen. Überhaupt am Strand gewesen zu sein, das Meer zu sehen und zu hören, die Sonne zu spüren, einen freddo cappuccino zu trinken, die Menschen zu beobachten, war auch sehr schön und erholsam.
Um meinem Hobby, dem Fotografieren weiter nachgehen zu können, hatte ich mir eine kleine, leichte Kamera gekauft, da die Spiegelreflexkamera zu schwer und nicht geeignet für Einhandbedienung war. Ich war sehr zufrieden mit der fotografischen Ausbeute.
Noch kurz etwas zum Wetter. Das Mittelmeertief mit Dauerregen und Gewitter, bei dem nahe Kalamata drei Menschen ums Leben kamen, hat in Zacharo dazu geführt, dass das Meer aussah wie Kakao und jede Menge Treibgut angespült wurde. Aber danach war es wieder normal schön.
Nur auf dem Rückweg nach Patras hat es dann noch einmal so geschüttet, dass ich teilweise nur 60 km/h fahren konnte.
Ich hoffe, ich habe Euch nicht zu sehr mit meiner Krankengeschichte gelangweilt, aber vielleicht kann ich mit diesem Bericht anderen ähnlich Betroffenen Mut machen, den Kopf nicht in den Sand zu stecken, sondern auszutesten, was man sich noch zutrauen kann.

Wir machen auf jeden Fall weiter. Die Fähre für Ende August 2017 ist bereits gebucht. Wir werden allerdings nicht die ganzen 3 Wochen in Zacharo verbringen. Eine Woche wollen wir an einem Strand mit härterem Sand verbringen, um besser baden zu können. Momentan denken wir an Methoni.

Geschrieben 31.01.2017, Geändert 31.01.2017, 3184 x gelesen.

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Kommentare zu diesem Artikel

Kommentar von Arndt vom 15.02.2017 13:39:42

Wünsche Dir noch viele Urlaube in Zacharo. Weiter Kopf oben!


Kommentar von Bunny vom 14.02.2017 21:02:11

Vieles, was früher selbstverständlich war ist von jetzt auf gleich nicht mehr. Und das betrifft auch den Urlaub. Ich habe es auch in der eigenen Familie erlebt. Ich finde es großartig, wie du damit umgehst. Dazu gehört Mut und Willensstärke. Ich wünsche dir weiter viel Kraft und dass du auch in Zukunft schöne Stunden in Griechenland erleben wirst.
Viele Grüße
Anja


Kommentar von Richi vom 03.02.2017 10:50:16

Endlich mal jemand der schildert, dass wir nicht unendlich lange jung und gesund nach Griechenland reisen können. Ich vermute mal, dass die Mehrzahl der user hier auch bald die berufliche Altersgrenze überschritten hat, und mit der einen oder anderen Gebrechlichkeit kämpft. Auch ich frage mich, wie lange ich noch gesund und munter über die griechischen Inseln kraxeln kann - und vor allen Dingen, was ich mache, wenn es nicht mehr so klappt.
Solche Berichte finde ich sehr hilfreich.

Gruß,
Richi


Kommentar von Janis74 vom 01.02.2017 18:21:13

Ich habe es sehr gerne gelesen! Danke!
Gruß,
Janis