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Gast
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Hallo Catalina,
ich denke, Griechenland ist, was den den Umgang mit Menschen mit Behinderungen angeht, ca. 20-25 Jahre zurück. Ähnliche und zum Teil auch weit schlimmere Umstände hat es in Deutschland genauso gegeben. Bis 1965 rum war man z.B der Meinung, dass Kinder mit Trisomie 21 ('Down-Syndrom') nicht lernfähig seien, niemals lesen lernen könnten und kaum sprechen. Heute besuchen - vor allem in den norddeutschen Bundesländern - viele Kinder mit dieser Behinderung sogar das Gymnasien, während Kindern in Süddeutschland allein auf Grund der Behinderung der Besuch einer weiterführenden Schule weiter verwehrt wird. (Hatten wir gerade erst in Baden-Württemberg den Fall..)
Bis ca. 1965 war es auf den Dörfern in Deutschland üblich und normal, dass Kinder mit Behinderungen zwar gewaschen und gefüttert wurden, ansonsten aber nur im Bett lagen und keinerlei besondere Pflege geschweige denn Förderung bekamen. Man musste vorsichtig fragen, ob es in einem Dorf eine Familie mit 'einem besonderen Kind' gibt, denn die Kinder wurden versteckt und niemals an die frische Luft gebracht.
Das änderte sich in Deutschland rasant mit dem Contergan-Skandal und den 68-igern. Diese Kinder mit ihren winzigen Ärmchen lernten mit den Füßen schreiben, bekamen viel Hilfe und etliche von ihnen sind heute Juristen, Staatsanwälte, Rechtsanwälte, mit Familien, die selbst Auto fahren und Rasenmäher bedienen können und beruflich sehr erfolgreich sind. (Ich kenne selbst zwei von ihnen) Das war eine einmalige Situation und ich denke, die Förderung dieser Kinder damals war engagierter noch, als Kinder mit Behinderung heute gefördert werden. - Jedenfalls war in Deutschland damit die Katze Gott sei Dank aus dem Sack und Kinder im Rollstuhl wurden in die Kinderläden gekarrt, damit sie mitspielen konnten.
Im Vergleich zu Griechenland sah ich neulich den (griechischen) Film 'Stigma' von 1982. In diesem Film geht es eineinhalb Stunden lang nur darum, dass ein junges Ehepaar, das ein behindertes Baby bekommen hat, dieses umbringen will (was sie auch tun). Entsetzlicher Film, ich verlinke ihn unten. So ein Film wäre 1958 in Deutschland möglich gewesen, aber sicher nicht mehr 1982!
Auf der anderen Seite war ich 1996 nach einem Unfall mit meinem Sohn einige Tage in einer regional sehr angesehenen, großen Kinderklinik stationär. Das Erste, was man machte, war noch während er in Narkose (nach einer Untersuchung) war, dass er eine Art Zwangsjacke anbekam. Eine Stoffweste, die den gesamten Oberkörper von der Schulter bis zur Hüfte fest und eng umschloss, mit Bändern an den Seiten, die so an die Gitterstäbe des Gitterbettes gebunden wurden, dass er im Liegen fixiert war und sich nicht einmal aufsetzen konnte! Obwohl ich die ganze Zeit, Tag und Nacht, bei ihm war und er auch sehr brav, durfte ich ihn nicht aus dieser Weste herausnehmen, obwohl es keinerlei medizinische Notwendigkeit dafür gab. Auf der gesamten Kinderstation habe ich nicht ein einziges Kind gesehen, aber viele weinen gehört. Es gab also Kinder, aber die waren alle in dieser Weise ans Bett fixiert. 1996 - in einem Kinderkrankenhaus mit hervorragendem Ruf in Süddeutschland!
Als ich Sohn nach drei Tagen auf eigene Verantwortung rausnahm (man wollte mich nicht mehr auf dem Stuhl an seinem Bett schlafen lassen) erzählte ich unserer Apothekerin von den Westen und sie sagte, dass diese Westen schon seit etlichen Jahren verboten seien und dass es die nirgenwo mehr zu kaufen gäbe. Die im Krankenhaus waren deshalb von den Schwestern selbst genäht und wurden trotz des Verbotes illegal benutzt.
Ich stimme dir völlig zu, dass in Deutschland, wieder einmal Süddeutschland, vor allem Bayern, die Situation in vielen Asylantenheimen (schon der Begriff spricht Bände) völlig inakzeptabel ist. Ich war bis vor kurzem in der Flüchtlingshilfe ehrenamtlich unterwegs und kenne Unterkünfte, wo die Wanzen die Wände entlang laufen und man als 'Abhilfe' (der Ungezieferbefall ist also bekannt) in der Mitte der Wand rundum Insektenstreifen geklebt hat, damit die Viecher nicht so schnell ins Bett fallen. :-/
Und auch die Zustände in den Pflegeheimen - immer wieder Bettwanzenbefall, Pflegebedürftige, die über Stunden im eigenen Kot und Urin sitzen müssen, ist alles Andere als menschenwürdig. Wobei die Sauberheime oft auch nicht besser sind, wenn die Leute so mit Haldol vollgeknallt sind, dass sie nur noch im Rollstuhl vor die Glotze geschoben werden und die einzige Abwechslung über Stunden, ein Plastikbecher mit kaltem Kaffee ist, der ihnen mit Schnabelaufsatz hingestellt wird. Das sieht dann vielleicht ästhetischer aus, aber pharmakologische Käfige sind sicher nicht besser, wenn nicht schlimmer. :-/
lg salumi
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